Engellieder
Ich ließ meinen Engel lange nicht los,
und er verarmte mir in den Armen
und wurde klein, und ich wurde groß:
und auf einmal war ich das Erbarmen
und er eine zitternde Bitte bloß.
Da hab ich ihm seinen Himmel gegeben, –
und er ließ mir das Nahe, daraus er entschwand;
er lernte das schweben, ich lernte das Leben,
und wir haben langsam einander erkannt…
Seit mich mein Engel nicht mehr bewacht,
kann er frei seine Flügel entfalten
und die Stille der Sterne durchspalten, –
denn er muß meine einsame Nacht
nicht mehr die ängstlichen Hände halten –
seit mich mein Engel nicht mehr bewacht.
Hat auch mein Engel keine Pflicht mehr,
seit ihn mein strenger Tag vertrieb,
oft senkt er sehnend sein Gesicht her
und hat den Himmel nicht mehr lieb.
Er möchte wieder aus armen Tagen
über der Wälder rauschendem Ragen
meine blassen Gebete tragen
in die Heimat der Cherubim…
Engel
Engel sind ja schon seit einiger Zeit für viele ein wichtiges Thema.
Hier möchte ich mal ein etwas anderes Bild von Engeln malen: Und zwar Engel als Sinnbild für unsere Ängste und den damit verbundenen Strategien, die uns einst in unseren frühen Tagen sehr hilfreich waren und uns damals halfen, zu leben.
Heute sind wir erwachsen und fähig, für uns selbst zu sorgen. Wir brauchen unsere Engel von damals jetzt so nicht mehr, so wie damals als hilfloses Kind. Vielleicht brauchen wir hier und da wieder einmal einen Engel, aber die meiste Zeit sind wir fähig, allein auf uns aufzupassen – und wir tun das ja schon seit so vielen Jahren erfolgreich.
Und trotzdem klammern wir uns an unsere alten Ängste und Strategien. Ist es nicht an der Zeit, erwachsen zu werden und unsere Engel fliegen zu lassen im Vertrauen, dass immer ein Engel in der Nähe sein wird, wenn das für uns dann so sein soll?
Bild: © Fotolia.de
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